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Barbet Schroeders Ibiza Filme – die düstere Seite der Insel und die nachdenkliche

Barbet Schroeder hat nicht nur zwei Filme auf Ibiza gedreht, sondern sogar im gleichen Haus. Der erste Film mit dem Originaltitel „More“ aus dem Jahr 1969 hat Kultstatus erlangt. Der zweite Film Amnesia folgte ganze 46 Jahre später im Jahr 2015.

More – more – immer mehr

„More“ und Ibiza sind untrennbar miteinander verbunden, die Insel hat den Regisseur beeinflusst und der Film auch die Entwicklung Ibizas. Die naheliegende Vermutung, dass es sich bei der Low-Budget-Produktion um einen Film handeln könnte, der die Schönheit der Insel und die Leichtigkeit des Hippielebens zelebriert, ist allerdings falsch. „More“ zeichnet ein morbides, zersetzendes Bild der Insel. Zur Zeit seiner Veröffentlichung war der Film hoch umstritten,  vor allem wegen seines Hauptthemas: Drogen.

Zum Kultstatus des Films trägt auch der Soundtrack bei. Er wurde in nur 2 Wochen von der Rockband Pink Floyd eingespielt. Es ist aus heutiger Sicht vielleicht schwer vorstellbar, aber damals gab es noch keine elektronische Musik (auf Ibiza). Die psychedelischen Klänge Pink Floyds vervollständigen die unwirkliche Atmosphäre des Films, dem nach mehr als 50 Jahren auch eine gewisse Patina anhaftet.

Ein internationaler Film, bei dem ein Haus eine wesentliche Rolle spielt

Der Film hat eine ausgeprägte internationale Dimension. Die Dialoge sind in Englisch, Französisch, Deutsch und hier und da auch Spanisch. Der Regisseur ist ein in Teheran geborener Franzose bzw. Schweizer, er ist Sohn einer Schweizerin und eines Deutschen. Hauptdarsteller sind die Amerikanerin Mimsy Farmer und der Deutsche Klaus Grünberg, die die Amerikanerin Estelle und Stefan Brückner aus Lübeck spielen. Aus Sorge von der damals strengen französischen Zensur wurde zudem eine Produktionsfirma in Luxemburg gegründet.

Und trotzdem, der Film konzentriert sich so sehr auf dieses eine Haus. Die typisch ibizenkische Finca liegt an der Küste in der Umgebung von Sant Antoni. Sie gehört der Mutter des Regisseurs. Schroeder hat dort als jugendlicher viele Urlaube verbracht und persönliche Erfahrungen gesammelt. Das passt zu einem Film, in dem viele autobiografische Elemente enthalten sind.

Collage_Haus_Moore und Amnesia
Das Haus 1969 und 2015: Standbilder aus dem Filmen im Vergleich

Handlung: Von der Uni in die Drogensucht

Nach erfolgreichem Mathematikstudium zieht es Stefan in die Ferne. Seine erste Station ist Paris. Dort kommt der brave junge Mann in Kontakt mit Kleinkriminellen und der Gegenkultur seiner Zeit. Er lernt Estelle auf einer Party kennen. Er verliebt sich in sie und sie führt ihn in Sex und Marihuana-Konsum ein. Sie verlässt Paris und Stefan folgt ihr nach Ibiza.

Dort angekommen lernt er auf der Suche nach Estelle den Alt-Nazi Wolf kennen. Außer dass er das Hotel in dem Estelle wohnt betreibt, scheint er noch andere Geschäfte am Laufen zu haben. Stefan findet Estelle und der Abstieg beginnt: Partys und Drogen, immer härtere Drogen. Zudem ahnt Stefan, dass Wolf nicht nur der Vermieter Estelles ist.

Eines Nachts sagt Estelle, dass sie das Hotel verlassen müssen. Sie hat Wolf eine größere Menge Heroin gestohlen. Sie fliehen in das abgelegene Haus auf der anderen Seite die Insel.

Dort leben sie ein naturnahes Leben, sind meist unbekleidet, haben Sex und philosophieren über Drogen. Stefan beginnt mit dem Heroinkonsum und der Zerfall der beiden wird zunehmend sichtbar. Ob sie wieder zur Vernunft kommen werden?

Amnesia – Nachdenklich auf einer Partyinsel

„More“ wurde zwar viel kritisiert, aber er war ein Erfolg. Schroeder wirkte in der Zeit danach an Filmen als Schauspieler, Regisseur und Produzent mit. Die Budgets wurden größer und gedreht wurde nicht selten in Hollywood. Cineasten sind sicher einige seiner Filme ein Begriff. Trotzdem zog es ihn 2015 zurück nach Ibiza, wieder in das gleiche Haus. Diesmal mit einem noch persönlicheren und intensiveren Thema. Und auch dieser Film überrascht, besonders dann wenn man den ersten Film kennt. Es gibt keine Drogen, es gibt keine Sexszenen. Vordergründig gibt es durchaus einen Bezug zu elektronischer Musik und der bekannten Diskothek.  Auf einer tieferen Ebene geht es um das Deutsch-Sein, den Umgang mit Schuld, Aufarbeitung und Vergebung. Schroeder bezeichnet den Film als Widervereinigung mit Deutschland, sowohl die der Filmfigur als auch seine persönliche. Schon in „More“ kann man Schroeders bis dahin gespaltenes Verhältnis zu Deutschland erahnen, sowohl die tragische Hauptfigur Stefan als auch der Bösewicht Wolf sind Deutsche.

Handlung: Der junge DJ und die verbitterte Dame

Das Ibiza der frühen Neunziger entwickelt sich zum Zentrum der elektronischen Musik. Der 24-jährige DJ und Musikproduzent Jo kommt auf die Insel und mietet sich eine Finca. Beim Aufbauen seines Equipments verletzt er sich leicht. Er sucht die in einiger Entfernung lebende Nachbarin, eine Dame, vielleicht 60 Jahre alt, auf und bittet sie um Verbandszeug. Sie ist zunächst recht abweisend, aber dennoch haben die beiden eine gewisse gegenseitige Anziehungskraft. Doch einige Dinge an ihr sind rätselhaft.

Was der Zuschauer im Vorfeld erfährt: Die Dame ist der deutschen Sprache mächtig, aber sie lehnt es kategorisch ab Deutsch zu sprechen. Nach Deutschland möchte sie auf keinen Fall, noch nicht einmal um eine Erbschaft anzunehmen. Mit der Zeit wird langsam klar, woran das liegt. Da ist der junge, lebensfrohe DJ, aber er hat auch Eltern und Großeltern, und diese blenden Teile ihrer Vergangenheit aus.

Ob es den Beteiligten gelingt, sich aus der Gefangenschaft der Vergangenheit zu lösen?

Fazit: Etwas für Cineasten, die Ibiza lieben

Für Menschen die ein tiefergehendes Interesse an Kino als auch Ibiza haben, sind die Filme empfehlenswert. Während „More“ wegen seines Kultstatus überzeugt, ist das Thema von Amnesia tiefschürfender und eindrucksvoller dargestellt. Wer sich „More“ anschaut, muss sich darauf einstellen, etwas zu sehen, was nicht schön ist, den Blick auf Ibiza verändert und einen nicht so schnell loslässt. Bei „Amnesia“ besteht die Gefahr nicht, um Freude an diesem Film zu haben, muss man aber bereit sein, sich auf das Thema einzulassen.

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