Eine neue Serie, die „Ibiza“ im Titel trägt! Das ist eine Rezension wert, die sich auf den Aspekt „Ibiza“ konzentriert. Wieviel Ibiza ist da wirklich drin? Zwar macht schon die Beschreibung der ersten Folge klar, dass es eben gerade nicht nach Ibiza geht, aber trotzdem, mein Interesse war geweckt.
Die Serie ist eine abgefahrene Parodie auf Trash-Reality-TV, also Vorsicht, hier wird mit verschiedenen Ebenen Fiktion gearbeitet. Produziert wurde die Serie der Firma „Kleine Brüder“ rund um Bruno Alexander und die Zwillingsbrüder Emil und Oskar Belton. Die drei jungen Regisseure und auch Schauspieler haben sich schon mit „Die Discounter“ einen Namen gemacht.
Die Handlung: Statt Ibiza gibt es Buchholz, statt Party Feminismus
Die 10. Staffel einer der typischen Reality-Shows steht an. Die jungen, männlichen Kandidaten und auch das Produktionsteam gehen davon aus, dass auf Ibiza krasse Challenges und eine heiße Queen auf sie warten. Kurzfristig erteilt der Chef der Produktion dem Produktionsteam jedoch den Auftrag, eine „Feminismus“-Edition im in Norddeutschland gelegenen Buchholz zu drehen. Antrieb hierfür ist nicht seine innere Überzeugung, es ist vielmehr ein Pink-Washing-Versuch.
Die Kandidaten: Das schnöselige Alphamännchen Anthony, der unfreiwillig zölibatär lebende (=Incel) Jeppe, der vordergründig auf Moral und Intellekt bedachte Abdel, der erfolglose Rapper Marvin sowie der testosteronstrotzende Bodybuilder Tom. Es werden sehr unterschiedliche Charaktere gezeichnet, die aber allesamt hochgradig sexistisch sind. Das Produktionsteam der karikierten Show besteht aus der intelligenten und reflektierenden, aber auch berechnenden Regisseurin Amelie, der völlig gleichgültigen Kamerafrau Toni und der Moderatorin Shirin, die sich mit den Gegebenheiten abgefunden hat.
In den verschiedenen Folgen müssen die Kandidaten Herausforderungen, sogenannte Challenges bewältigen. Ziel ist, dass aus den Sexisten Feministen gemacht werden.
Bei der ersten Herausforderung werden die Kandidaten schonungslos mit ihren sexistischen Verfehlungen konfrontiert. In der zweiten Runde kommt ein männlicher Feminist, der die jungen Männer coachen soll. Wie sich herausstellt, handelt es sich bei dem engagierten Coach in Wirklichkeit um einen Anti-Feministen.
Bei der dritten Challange besuchen die Kandidaten der Show einen Porno-Dreh. Hier findet ein Sprung in die Metaebene statt. In der ansonsten eher trashig gehaltenen Serie erklärt eine real existierende, quer-feministische Regisseurin nüchtern und ernsthaft das Konzept von feministischer Pornographie. Die fiktive Reality-Show wird in das Making-off eines Films, eingebettet.
In der vierten Staffel kommt eine echt echte Feministin, die die Jungs coacht, allerdings in das abgefahrene Serienformat eingebettet. Und wie kann es anders sein, ein von Amelie erzwungener Versuch der Männer, sich geläutert zu geben, endet mit der Abreise der Feministin.
In der 5. Folge kommt es zum Showdown. Die Kandidaten lehnen sich gegen die Produktion auf und kehren in ihre alte Welt zurück. Ihr Fortschritt in Sachen Persönlichkeitsentwicklung ist dabei durchwachsen.
Was war jetzt nochmal mit Ibiza?
Drehort Ibiza, nein. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist davon auszugehen, dass noch nicht einmal alle kurze Einblendungen die Ibiza zeigen sollen, dort aufgenommen sind. Es muss also etwas anderes sein, was Ibiza in den Titel gebracht hat. War es vielleicht Ibiza-Washing, um Menschen wie mich zum Sehen zu bewegen? Vielleicht, und es ist auch an der Stelle legitim. Schließlich geht es um ein sehr wichtiges Thema und eigentlich werden ja auch nur die Kandidaten der fiktiven Reality-Show an der Nase herumgeführt und nicht ich als Zuschauer.
Und da kommen wir an einem Punkt, der aus Sicht von Ibiza-Liebhabern interessant ist. Warum ist ausgerechnet Ibiza das Traumziel der Player? Warum ist in der fiktiven Reality-Show Ibiza unbestritten der Ort, der das Gegenteil von Feminismus ist? In meiner Wahrnehmung gibt es durchaus den Typen Tourist, der in etwa den Kandidaten entspricht, aber er ist nicht in der Mehrheit und er ist keinesfalls prägend.
Ja, Ibiza ist als Partyinsel bekannt. Aber ich finde Party heißt auf Ibiza nochmal etwas anderes als in „Player of Ibiza“ suggeriert. Ibiza ist LGBTQIA+-freundlich und war das schon lange bevor es den Begriff überhaupt gab. Schließlich ist Ibiza nicht nur seit langem für die Szene in der Calle de la Virgin und Travestie bekannt, sondern auch dafür, dass es auch auf nicht speziell gelabelte Party selbstverständlich ist, dass jeder willkommen ist. In den Clubs tanzen nicht leicht bekleidete Gogo-Girls, um den Männern einzuheizen, sondern es treten männlich und weiblich erscheinende Performance-Dancer auf, bei denen niemand fragt, was hinter dem Schein steckt. Andere wiederum fliegen mehr als tausend Kilometer nach Ibiza, der Musik wegen, nicht um Frauen kennen zulernen und mit ihnen Sex zu haben, das geht schließlich auch in der Dorfdisko, vielleicht sogar besser. Anzügliches Ansprechen oder ähnliches, bekannt als Catcalling, ist auf Ibiza wie in ganz Spanien übrigens unter Strafe gestellt, man ist an diesem Punkt schon etwas weiter als hierzulande.
Ja, es gibt sicher auch auf Ibiza Probleme, denen man sich annehmen muss. Aber in diese Richtung gibt „Player of Ibiza“ leider keine Denkanstöße.
Fazit:
Um es ganz klar zu sagen, Player of Ibiza ist eine großartige Serie, die unglaublich lustig ist und zugleich nachdenklich macht. Es liegt vielleicht in der Natur des Ibiza-Enthusiasten sich an Details bzw. mangelnder Übereinstimmung mit dem eigenen Ibiza-Bild aufzuhängen. Wenn man nicht zu viel über Ibiza weiß oder wenn man an der Stelle mal abschalten kann, lässt sich die Serie sicher am besten genießen.
„Ibiza Player“ ist bis 10.05.2025 in der ARD Mediathek abrufbar.
Bildquelle Titelbild: ARD-Mediathek